Interview mit Dr. Henning Vahlbruch

Zum Jubiläum des 10-jährigen Bestehen von VAHLBRUCH FX durften wir dem Mann am Lötkolben, Dr. Henning Vahlbruch, der all diese tollen Effektpedale fertigt, ein paar Fragen stellen.

 

Über mich

Hallo Henning. Stelle Dich bitte kurz vor.
In kurz: Baujahr 76, geboren in Frankfurt am Main, eines von 4 Kindern, hab selten schlechte Laune, trinke gerne Wein und Bier, das Rauchen habe ich mir abgewöhnt. Zur Zeit wohne ich in mit Frau und Sohn in einem kleinen Häuschen in Springe bei Hannover.

Du hast einen Doktortitel. Was für einen?
Meine Diplomarbeit habe ich 2004 fertig gestellt, anschließend habe ich meine Forschung beim Max-Planck Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein Institut) in Hannover fortgesetzt und mich noch tiefer in das Thema „Erzeugung von gequetschtem Licht für die Gravitationswellen-Astronomie“ eingegraben. Das ist viel experimentelle Grundlagenforschung im Labor aus dem Bereich der Quantenoptik mit der Anwendung für die Gravitationswellenastronomie. Hier geht es um die Beobachtung des Universums auf der Suche nach verschmelzenden schwarzen Löchern, Neutronensterne und dunkler Materie. Für die Ergebnisse meiner Forschung habe ich 2008 den „Dr. rer. nat“ mit Auszeichnung erhalten. Aber die Forschung kennt ja kein Ende und daher bin ich seitdem weiter mit Vollgas an diesem Thema dran. Ich liebe das Knobeln und Tüfteln, man betritt da oft Neuland und das Finden von Lösungen ist die Herausforderung und verschiebt die Wissensgrenzen immer weiter nach vorne. Insgesamt sehr spannend!

Bist Du selbst aktiver Musiker? Was machst du für Musik?
Ich mache schon seit meiner frühen Kindheit Musik. Tatsächlich habe ich als Kind / Jugendlicher im Knabenchor Hannover gesungen…ok, das fand meine Mutter glaube ich damals cooler als ich, aber das prägt doch sehr und formt Gehöhr, Ton- und Musikempfinden nachhaltig. Danach hatte es mir das Saxophonspielen angetan und schließlich kam ich über die Bastelei an Audioverstärkern auf die Idee, dass mal eine E-Gitarre her muss…Ab in den PPC Hannover und nach Hause kam ich mit einer tonnenschweren Vester-Axt mit HSS Bestückung und Floyd-Rose Tremolo um damit gleich in einer Schulband mit Kumpels das übliche Zeug nachzuspielen… Der Klassiker…. Später habe ich dann eine Band gehabt, in der wir eigene Sachen gemacht haben, CDs aufgenommen haben usw. Ich hatte damals auch ein kleines aber feines Projektstudio betrieben, das war zu einer Zeit bevor man alles am Rechner machen konnte. In letzter Zeit hat es sich hauptsächlich aus Zeitgründen aufs Covern reduziert, wichtiger denn je sind mir die Leute mit denen ich zusammenspiele und das man zusammen eine gute Zeit hat, denn nichts ist doch nerviger als die Wochenenden für Gigs auf der Straße zu verbringen mit Leuten, mit denen du nicht kannst, oder?

Nutzt Du Deine eigenen Effekte auf der Bühne?
Auf jeden Fall!! Das ist für mich immer ein absolut notwendiges Testbett und Gradmesser! Nur so kann ich wirklich checken, ob die Funktionen am Effektpedal praxisgerecht sind, der Sound sich durchsetzt, welche Probleme sich ggfs. im Zusammenspiel mit anderen Pedalen ergeben usw. usw. usw.

Wie bist Du darauf gekommen Pedale zu bauen?
Das hat sich nach und nach von ganz alleine entwickelt. Ich habe auf der Suche nach Sounds seit meiner Jugend Ummengen an Effektgeräten gekauft und ausprobiert. Gerade in der Anfangszeit von Ebay hat sich da eine neue Welt für mich aufgetan und es sind Dinge in Reichweite gekommen, die in den Stores und Flohmärkten nicht zu finden waren. Ich habe da viel gekauft, gespielt, und am Ende dann oft doch wieder verkauft weil es eben doch nicht „genau das“ war, was ich an Sound oder Bedienung im Kopf hatte. Manchmal nah dran, aber eben oft auch nicht. Am Anfang habe ich dann noch Pedale auseinander genommenen und versucht durch Modifikationen in meine gewünschte Richtung zu tunen. Da hat man auch viel gelernt, denn das war zu einer Zeit, da hatte ich noch ein 56k Modem und fast kein Schaltplan war im Netz verfügbar. Da war reverse engineering angesagt, um von da aus die Mods machen zu können. Das ganze hatte ich dann während meiner Zeit der Diplom- und Doktorarbeit auf Sparflamme weiterverfolgt, aber danach habe ich dann „professioneller“ und mit der Idee einer kleinen Serienfertigung losgelegt. Vahlbruch FX habe ich Ende 2010 gestartet.

Sind VAHLBRUCH-Pedale deine Haupteinkommensquelle oder hast du einen “normalen” Job?
Die Physik ist mein Hauptarbeitsfeld und Vollzeit-Job, aber die Welt der Pedale hat schon einen hohen Stellenwert in der verbleibenden Zeit.


Meine Marke

Du verzichtest bei deinen Pedalen im Gegensatz zu den meisten anderen Herstellern auf Bild-Designs. Warum?
Hehe… Bilder: Kann man machen, muss man aber nicht :) Um ehrlich zu sein holen mich die Bilder überhaupt nicht ab und ich habe daher das auch nie für meine Pedale verfolgt. Ich weiß, dass für viele ein buntes Pedalboard Ausdruck von Persönlichkeit ist, aber ich bin da eher ein Fan des schlichten Aussehens… Nicht, dass ich da auch nur annähernd in die Region kommen würde mit meinen Pedalen, aber mich haben immer die klaren Designs von Dieter Rams fasziniert, einem deutschen Industriedesigner, der u.a. für den HiFi-Hersteller Braun gearbeitet hat. Für mich war z.B. das Design der Braun-Atelier Reihe immer ein Knaller. Weniger ist mehr, klare Linien, alles sofort verständlich und übersichtlich, das mag ich. Und man kann ja nicht aus seiner Haut und deswegen hats bei mir keine Bildchen…

Wie würdest Du deine Marke beschreiben? Was ist ihr Alleinstellungsmerkmal?
Ein wirkliches Alleinstellungsmerkmal ist natürlich mein MagTraB-Schalter. Dieses Konzept hat es weltweit in der Pedalszene noch nicht gegeben! Für mich stellt das aus einer Vielzahl von Gründen ein Quantensprung im Vergleich zu den oftmals üblichen Knicke-Knacke 3PDT Schaltern dar.
Darüber hinaus denke ich, dass sich meine Pedale durch ein ausgereiftes Schaltungsdesign nach allen Regeln der Audio-Kunst auszeichnen. Mein oberstes Ziel ist immer ein guter Klang mit geringen Nebengeräuschen und ich verwende entsprechend hochwertige Bauteile, die mich dahin bringen. Auch wenn diese preislich höher liegen. Es gibt OP-Amps, die funktionieren und kosten nur 20 Cent, aber wenn dieses Bauteil für 7€ eben einfach besser klingt, dann werde ich das eben verwenden. Viele andere Hersteller wissen das natürlich auch, entscheiden sich aber aus Kostengründen am Ende eben anders, ich bin da jedoch nicht kompromissbereit. Auf SMD Kondensatoren im Audio Signalweg verzichte ich daher z.B. komplett, denn die klingen oft nicht so gut, sind zum Teil mikrophonisch und derlei mehr, da gibt es einfach Besseres. Aber die SMD Technologie komplett zu verbannen wäre auch falsch, denn bei Widerständen sieht es schon wieder anders aus und aktuelle Neuerscheinungen von OP-Amps erscheinen fast ausschließlich nur noch in SMD packages. Da muss man eben testen, messen, hören - und was am Ende gut ist, das verwende ich dann.
Vahlbruch FX ist übrigens eine komplette „one-man“-Geschichte: Von der Entwicklung bis hin zum Zusammenbau der Seriengeräte, die finalen Tests, Pakete packen, Emails schreiben usw. usw…. Alles läuft über meinen Schreibtisch. Für einige Teilschritte habe ich gute Firmen gefunden, die mir z.B. die Gehäusebearbeitung, Pulverbeschichtung, Herstellung meiner Verpackungen etc. abnehmen. Mir ist wichtig, dass ich das mit Unternehmen aus der Region bzw. Deutschland mache. Ich habe keine ausgelagerte Fernost Produktion.

Welche Effekt-Arten gibt es in Deinem Sortiment?
Mein Sortiment deckt eigentlich fast alles ab, es gibt Verzerrer, Booster, Modulationseffekte, Delay und Reverb, ABY Schalter…. Und das, was mir fehlt, kommt nach und nach dazu :-)

Wie lange brauchst Du für ein Pedal vom ersten bis zum letzten Schritt?
Das ist ganz unterschiedlich. An dem Chorus oder dem Kaluna Röhrenverzerrer habe ich wirklich lange getüftelt. Da kommt schon mal schnell ein Jahr zusammen. Und selbst wenn es mal schneller geht, lege ich den fertigen Prototypen immer einige Wochen in meine Schublade, bis ich vergessen habe, wie er klang und wie er zu bedienen war. Dann hole ich das Gerät hervor und teste es mit frischen Ohren, quasi so, als wäre es ein unbekanntes Pedal. Das ist immer ein spannender Moment, bei dem sich die Spreu vom Weizen trennt.. Manchmal stellt sich dann heraus, dass z.B. der Regelbereich eines Potis nachgebessert werden muss, oder dass auch noch ein letzter Feinschliff am Klang notwendig ist…Diesen Schritt wiederhole ich dann solange, bis ich selber nichts mehr zu meckern habe.. Ich habe es ja nicht eilig, und erst wenn ich meine, dass ein Pedal gut und fertig ist, dann kommt es auch auf den Markt.

Es gibt haufenweise Clone-Pedale auf dem Markt, beispielsweise vom Ibanez Tubescreamer oder vom Klon Centaur. Hast du auch eine Kopie, ein Clone-Pedal eines anderen Pedals in Deinem Sortiment?
Ganz zu Beginn hatte ich mal einige Clone Pedale gebaut, aber diesen Ansatz finde ich nicht so interessant, denn die Pedale / Sounds gibt es ja schon. Die meisten Schaltungen habe ich daher selber entwickelt. Lediglich der Phaser ist im Prinzip eine gepimpte low noise Version vom MXR Phase 90.

Deine Pedale heißen KALUNA oder QUANTUM. Wer denkt sich die Namen für Deine Effekte aus?
Die Namen kommen meist aus meinen Physiker Nerd-Kopf und sind auch manchmal für mich eine echte Quälerei zu finden. Machmal frage ich auch in der PEDALBOARD-Gruppe nach Ideen. Da kommen dann viele Vorschläge, was wirklich toll ist!
Beim KALUNA habe ich beispielsweise ewig gebrütet, weil gerade im Bereich der Verzerrer viele Namen, die im Topf waren, entweder bereits vergeben waren, grafisch nicht passen wollten, oder oder oder.. Am Ende ist es dann ein Kunstwort geworden, dass sich weltweit gut lesen und aussprechen lässt. Hoffe ich zumindest…

Auf welches Deiner Pedale bist Du besonders stolz?
Hmm, schwer zu sagen, eigentlich verbindet mich zu jedem Pedal irgendetwas Besonderes. Aktuell freut es mich sehr, dass ich so viele tolle Rückmeldungen zum Kaluna bekomme und ich das Gefühl habe, dass das Pedal wirklich vielen hilft, ihren Sound zu finden. Das macht mich dann auch ein bisschen stolz.


Persönliches

Gibt es Pedale anderer Hersteller, die Dich nachhaltig beeindruckt und/oder beeinflusst haben?
Was mich jüngst wirklich, wirklich beeindruckt hat, war ein altes originales Shin-Ei UniVibe, das ich mir gekauft und mit den üblichen Verdächtigen und aktuellen Remakes verglichen habe… Uiii, da habe ich wirklich Gänsehaut bekommen und war erstaunt, wieviel besser das Original dann doch ist! Dieser Magie werde ich versuchen, auf den Grund zu gehen, sobald sich die Zeit ergibt. In der Zwischenzeit muss trotz der umständlichen 110V und des großen Gehäuses eben das Original herhalten.
Mir gefällt nach wie vor auch das alte schwarze Digitech Whammy II. Da kann man viel mit anstellen und nachdem ich es mit einem true bypass gemodded habe, lässt es sich auch prima ins Setup einbinden.
Und wenn es um Leslie-Sounds geht, ist das alte Dynacord CLS 22 bei mir auch ganz weit vorne.

Welches Pedal eines anderen Herstellers würdest Du auf die einsame Insel mitnehmen?
Den Peterson Tuner :)

Welchen Musiker/welche Band magst Du besonders?
Ich bin da ganz offen für alle Arten von Musik. Ich höre eine Puccini Oper genauso gerne wie gitarrenlastige Geschichten, das geht bei mir alles querbeet, je nach Lust und Laune. Im Moment schaue ich mir gerne bei YouTube die Homeskoolin´ Episoden von Tom Bukovac an - für mich eine beeindruckende Mischung aus Unterhaltung, ein scheinbar unerschöpflicher Pool an Talent und Musikalität und dazu noch ein guter Schuss gear nerdiness.

Was wärst Du geworden, wenn Du keine Pedale bauen würdest?
Einen anderen Job habe ich ja noch, aber bevor ich mich doch final für die Physik entschieden hatte, wäre ich beinahe Tischler geworden. Das Arbeiten mit Holz fasziniert mich nach wie vor und mein Sohn und ich werfen durchaus mal die Drechselbank im Keller an.

Was macht Dir an Deinem Job am meisten Spaß?
Nahezu alles!! Nur ganz selten passiert mal was, was mir wirklich keine Freude macht.
Durch den hohen Spaß- und Zufriedenheitsfaktor fühlt es sich halt auch gar nicht an wie ein „Job“. So doof wie es klingt: Die Pedal-Geschichte ist irgendwie eine Herzensangelegenheit. Und das gilt für die Physik genau so.

Was wünschst Du Dir für Deine Zukunft?
Tatsächlich maximale Gesundheit, der Rest ergibt sich dann schon von ganz von allein, oder?


Marketing & soziale Medien

Wie viel Zeit verbringst Du in den sozialen Medien?
Ganz ehrlich: Ich bin nicht mal täglich in sozialen Medien unterwegs. Ich schaue ab und an mal bei Facebook und Instagram vorbei, aber viel mehr mache ich kaum. Manchmal am Wochenende streife ich dann aber doch ein bisschen umher und lasse mich treiben und stelle dann immer wieder fest wie viel Zeit danach verstrichen ist. An einem normalen „Arbeitstag“ habe ich dafür überhaupt keine Zeit…

Du bist schon sehr lange als Pedalbauer Mitglied in der PEDALBOARD-Gruppe. Würdest Du sagen, dass die PEDALBOARD-Community als themengerichtete Zielgruppe Dir als Hersteller in irgendeiner Weise nutzt?
In der PEDALBOARD-Gruppe schaue ich tatsächlich immer gerne vorbei, weil die Beiträge dort eben explizit themengerichtet sind. Die Vielfalt der Posts / Fragen / Diskussionen gefällt mir, manchmal tauchen Pedale auf, die ich noch gar nicht kenne, Probleme werden diskutiert, die mich als Pedalbauer natürlich immer interessieren, um es ggfs. bei meinen Pedalen dann besser zu machen, und vieles, vieles mehr… Und natürlich muss man auch so ehrlich sein zu sagen, dass ich beispielsweise für ein neues Pedal dort auch gleich direkt potentielle Interessenten erreichen kann. Von daher kann ich mich nur bei allen Mitgliedern und Organisatoren der PEDALBOARD-Gruppe bedanken, eine echte Bereicherung !!

Wir wünschen Dir alles Gute zu 10 Jahre Vahlbruch FX und natürlich weiterhin viel Erfolg und eine gute Zeit. Vielen Dank für das Interview.
Danke, euch natürlich ebenfalls.




 

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