Hi,
ich würde gerne eine Amp-Erfahrung mit Euch teilen ... ein kleines Review über meinem Billig-Boogie...

Ich hatte mir vor ca. 3 Jahren aus nostalgischen Gründen endlich einen Mesa-Boogie erstanden. Zu Jungspundzeiten war diese Luxusmarke für mich kaum bezahlbar.
Natürlich war der geschossene Amp nicht das Sonder-Edition Modell, solche Edelholzkisten fürs Wohnzimmer werden scheinbar immer noch gehortet wie Schweizer Uhren - kein Mensch benutzt sie um darauf die Zeit abzulesen. So einen Edelamp für viel monetären Einsatz will man sich sich ja auf Tour nicht verrammeln oder gar klauen lassen.
Dieser hier war für meine echte Boogie-Nostalgie grade noch so „bezahlbar“, die Mesa-Teile haben trotz allem schon gute Wertstabilität. Es ist daher das posthum in den 90ern aufgesetzte „Günstig“-Teil, also ein MB-Caliber 50+ geworden.
Der hatte alles Wichtige aus der Mark I-V Serie: Clean-Booststufe, Zuschaltbarer EQ, Masterpoti, brauchbarer FX und guter Sound. Und mit original geagtem Flightcase, das Teil könnte schon ein paar Bühnen gesehen haben. Ein echtes Arbeitstier für meinen Gnadenhof.

Primär hatte der Amp (Teildefekt) eine ranzige FX-Buchse, ein Defekt den scheinbar einige Ampreparateure nicht entdeckt hatten. Nachdem die Buchse ausgetauscht war, war das Knacken nach einiger Spielzeit weg und ich konnte diesen während der Proben ein paar mal ausprobieren.

Mein Fazit:
Clean-Sound Boogielike und unerreicht, das mögen Viele. Es klingt irgendwie lieblich-gülden, da sind immer noch Princeton-Gene drin, nur mit mehr Power. Es perlt wo man's braucht und der Bass drückt schön ohne dass es schwammig wird und die Akkorde vermatschen. Vielleicht liegt es an dem kompakten Gehäuse, welches zu tiefe Frequenzen nicht wiedergibt. Der Gainsound war für mich, zumal wir nur bis 90er-Rocksachen spielen, eher unbrauchbar, viel zu fuzzig, schon nach einem Drittel des Regelweges. Hatte mir mit Pedalen vor dem Clean-Kanal ausgeholfen. Nach meiner Recherche hat aber genau dieses Amp-Modell in den 90ern den Tieftonsound von Metallica, Soundgarden, Dream Theater u.a. geprägt. Mit etwas Knöpfe drücken und drehen und vor allem richtiger EQ-Einstellung und die E-Saite auf D gedropt, ist man authentisch beim Original.
Das" Dazwischen" fehlte mir aber schon...
Nun habe ich den Amp dieses Jahr doch auseinander genommen und gleich „restauriert“ - kleines Nebenhobby. Er hatte es innerlich doch nötiger als ich dachte. Die Mesa-Boogie-Leute hatten damals wohl nicht vor, einen technisch perfekten Amp zu bauen. Es könnte eher so gewesen sein, dass aus ein paar Rest-Chargen eine günstige Alternative machen wollten.
Ist aber ok. Ausgerechnet dieser Amp prägte in den 90ern eine bestimmte Soundvorstellung.

boogie3

Inzwischen habe ich ca. 50% der inneren Bauteile erneuert und natürlich noch einige Verbesserungen eingebaut.
Explizit mäkeln muss ich am Netztrafo, welcher dem Europäischen Netz nicht optimal angepasst ist und dadurch ca. 10-15% höhere Spannungen liefert. Viele Bauteile werden heißer als gewollt und fallen schneller aus, oft auch der Trafo selbst. Ich habe diesem ein paar unkonventionelle Kühlmaßnahmen verpasst und so manchen halb verkokelten Widerstand getauscht. Ebenso fast alle Kondensatoren, wenn sie zu verdächtig schienen. Diese sind inzwischen bei gleichem Wert in der Bauform kleiner geworden, so daß auf dem Elektronikboard mehr Platz ist. Die weiteren Veredelungsdetails würden jetzt eher langweilen, doch zum heiklen Thema BIAS muss ich noch etwas los werden:
Die Fa. Mesa ist ja schon länger auf dem Trip, KEINE einstellbare Endröhrenvorspannung einzubauen sondern nur ein paar Teiler-Widerstände, welche diese Spannung fest vorgeben. Um für diese Amps dann selektierte (Boogie)-Röhren verkaufen zu können. Das alte Problem ist nur, dass in diesem Amp die Spannungen ja alle zu hoch sind, somit werden die Endröhren unnötig warm und wir haben zusätzlich erhöhten Endröhrenverbrauch. Teure noch dazu. Zur Abhilfe habe ich an der bereits angebrutzelten Stelle der Widerstände für die Bias-Spannung ein extra-Board mit regelbarem Poti eingebaut. Dazu gleich Messbuchsen ins Chassis eingebaut, an denen man den Röhrenendstrom messen kann. Auf diesen kommt es letztendlich an!! Das kann im Prinzip jeder Laie prüfen, zum Einstellen alternativer Endröhren braucht man allerdings einen Fachmann. Die Bias-Spannung wird speziell bei diesem Modell aus der 450V-Anodenspannung gewonnen, wobei die Herren die originale BIAS-Wicklung für Schalterhilfsspannungen missbraucht haben - mit Spannungsteilerwiderständen werden 50V auf 12V „heruntergeprügelt“. Muss auch so eine Ingenieurs-Notlösung gewesen sein, wenn die Kaufmänner unbedingt verkaufen wollen...

Schon wieder zu viel zur Zuverlässigkeit zu Texten, wollte damit sagen: Noch zuverlässig funktionierende Caliber 50+ könnten rar werden.
Lieber will ich vom Sound sülzen...
Mit einem Austausch eines Widerstandes in ein Trimpoti konnte das FUZZ-Gain in meinem Sinne zu High-Gain gezähmt werden. Man kann immer noch die speziellen Tieftonsounds einstellen. Meine Erfahrung und mein Qualitätskriterium für einen guten Amp ist, dass man auch bei High-Gain das Volume der Gitarre soweit zurück drehen kann, dass es mit dem Restsignal noch clean klingt. Wer damit nicht zufrieden ist und mehr möchte, schaltet sich lieber noch eine Fuzzsäge davor.
Für noch edleren Endsound wurde auch der Lautsprecher gegen einen eingeschwungenen EVM-12L ausgetauscht. Die billigere Variante Celestion Black Shadow war hier zwar auch o.k., aber wenn ich so lange dran rum geschraubt und gelötet habe, will ich diese 5% Soundverbesserung doch nicht missen. Zumal nur ein paar Schrauben zu lösen sind.
Also, besten Dank fürs lesen... Party On Garth!
Euer Uli

boogie1

Bericht erschien im AMP BOARD, Nov. 2023

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