TREMOLO... ODER WAS?
Als Leo Fender 1954 sein neu designtes "Licenced Vibrato System" vorstellte, staunte die Musik Welt und verunsicherte sie zugleich. Erfreuten sich Gitarristen der neuen "Schwingungsfreiheit", fiel ein kleiner Sticker auf der Kopfplatte mit folgendem Slogan ins Auge, der bis heute für Unklarheit sorgt. "Fender Stratocaster with syncronized tremolo". Vibrato, Tremolo.. was jetzt!?
Es ist unklar, wie es zu dieser Fehlinterpretation kam, tatsächlich hält sich über Jahrzehnte der Begriff Tremolo umgangssprachlich für das eigentliche Vibrato System an der Gitarre.
Kurz zum Unterschied der beiden Effekte:
- Vibrato: Periodisch wiederkehrende Änderung der Tonhöhe
- Tremolo: Periodisch wiederkehrende Änderung der Lautstärke
Also wird beim Betätigen des Vibratoarms der Gitarre die Tonhöhe verändert und somit ein Vibrato Effekt erzeugt.
Das nur vorab zum Verständnis zu meinem Tremolo Pedal DIY Projekt.
GESCHICHTE
Das erste bekannte Effektgerät das jemals gebaut wurde ist ein "Trem Trol 800" Tremolo von DeArmond, das 1948 auf den Markt kam. Es hatte eine ausgeklügelte Technik, um diesen Effekt zu erzielen, war in ein riesiges Blechgehäuse - das aussieht wie ein Geigerzähler - gebaut und hatte so gar nichts von heute gängigen Effektpedal-Designs. Später wurde dann ähnlich einem Wah-Pedal, eine fussbedienbare Version mit Wippe weiterentwickelt, die ebenso in einem mächtigen Maschinen-Gussgehäuse untergebracht wurde. Ich habe im Netz folgende Info zur außergewöhnlichen Tongestaltung gefunden. Ich zitiere:"Ein Motor treibt mit unterschiedlichen Übersetzungen eine Art Wippe an, die ein Röhrchen mit einer leitenden Flüssigkeit hin und her bewegt. Hierin befinden sich 2 Drähte. Wenn dies mit der Flüssigkeit bedeckt sind,leiten sie das Signal und es ist ein Ton zu hören. Sind sie nicht bedeckt, wird das Gitarrensignal unterbrochen. Diese Art von technischer Umsetzung klingt erstaunlich gut, da die Modulation des Signals im wahrsten Sinne des Wortes 'sehr fließend' verläuft".
Interessant und bekannt wurde der Tremolo Effekt allerdings erst, als er in Amps direkt verbaut wurde und das technisch Umgesetzt entweder durch den Bias der Endstufenröhren oder einer LED mit Fotowiderstand, wie sie heute noch oft in moderneren Tremolo Pedalen zu finden sind. Die LED dimmt und erhellt sich im ständigen Wechsel und erzeugt somit diesen markanten pulsierenden Ton. Eine weitere ausgefallene technische Interpretation ist das Harmonic Tremolo, das 2 verschiedene Schaltungen gleichzeitig aktiviert, wobei eine Schaltung die hohen, die andere die tiefen Frequenzen moduliert und dann synchronisiert.
Man kann diesen Effekt auch noch in einer weiteren technischen Variation umsetzen, mittels Transitoren.
Ich habe ein schönes Layout eines Schaller Tremolo TR-68 gefunden, das sich Heart Throb Tremolo nennt und einige Mods beinhaltet.
SCHALLER
Die Firma Schaller, ansässig in Feucht, entwickelte in den 1950ern Lautsprecher und Verstärker und war früh in Kontakt mit der ebenfalls deutschen Marke Framus, die Schaller Hardware für ihre Instrumente verwendete. Schaller ist bis heute bekannt hochwertige Bauteile für Gitarren wie Mechaniken, Stege und "Tremolos" zu produzieren und einer der Marktführer in diesem Segment.Meines Wissens bietet Schaller heute keine Amps, Verstärker oder Effektgeräte mehr an.
1958 baute Schaller ein kleines schickes Tremolo Pedal namens TR-68, das kompakt und handlich einen mit Transistoren angetriebenen Tremolo Effekt anbot und einfach zwischen Gitarre und Amp zu platzieren und mit einem Fussschalter ausgestattet schnell ein- bzw. ausschaltbar war.
2 Potis regeln die Geschwindigkeit/Rate (Amplitude) und Intensität/Depth (Frequenz), ein zusätzlicher Kippschalter (Speed) noch 2 Grundeinstellungen der Geschwindigkeit.
Ein gewisser Mark M? (ich konnte beim besten Willen keine genaueren Infos zu dem Herrn finden) hat dieses Tremolo dann mit einigen Mods als "Heart Throb Tremolo" aufgewertet. Es gibt einige Schaltpläne im Netz zu finden.
Ein Layout habe ich für meine Version als Vorlage genommen und als DIY Projekt umgesetzt.
MEINE VERSION
Ich bin jetzt nicht der ausgesprochene Tremolo Spezialist und musste mich erst mächtig in das Thema einlesen.Ich habe ein Strymon Möbius, das hervorragende Tremolo Sounds bietet, und 3 Tremolo Kits zusammen gebaut.
Die Kits sind allesamt optische Tremolos, die jede Menge moderne Features beinhalten und super klingen.
Was ich tonal nicht beurteilen kann, sind Bias und Harmonic Tremolos, da ich sie schlicht nie live gehört habe.
Dem transistorbasiertem "Schaller" Heart Throb Tremolo sagt man eine sehr Amp-typische Klangformung nach, sprich weich, harmonisch, mit einer runden Sinuskurve Wellenform, die sich schön dem Ampton anschmiegt. Das kann ich als ersten Höreindruck auch so bestätigen. Ausgefallene moderne Rechteck-Wellenform-Modulationen sind nicht sein Ding. Die Lautstärke ist auch begrenzt, ich habe sogar den Eindruck, dass ein leichter Volume Drop wahrzunehmen ist. Moderne Tremolos haben oft ein zusätzliches Volume Poti, das die Lautstärke deutlich über Unity Level erhöht und sogar als Clean Booster brauchbar macht. Interessant ist die Funktion des Depth Potis, der die Intensität der Wellenform beeinflusst. Der wirkt fast wie ein Clean Blend Poti. Komplett zurück gedreht ist gar keine Tremolo Wellenbewegung zu hören. Man hört den direkten Amp Ton, die Höhen sind leicht belegt, ein warmer Grundton ertönt aus dem Amp. Moderne Tremolos sind da deutlich frischer im Topend. Dreht man das Poti langsam auf, baut sich eine ganz seichte runde gleichmäßige Wellenbewegung auf. Je höher die Poti Einstellung, desto mehr rückt das direkte Gitarrensignal in den Hintergrund, bis es ganz nach rechts gedreht komplett verschwindet und ein deutlich hörbare aber nie aufdringliche Sinuskurve rhythmisch pulsiert. Obwohl der Tremolo Effekt deutlich im Vordergrund ist, klingt er sehr wollig weich und smooth.
Mit dem zweiten Poti Rate/Speed kann die Geschwindigkeit angepasst werden, das unterstützt wird vom Kippschalter. Der 2 Wege Schalter legt mit "slow/fast" 2 Grundgeschwindigkeiten fest. Warum man das beim Entwickeln des Layouts nicht zusammengelegt hat, kann ich nicht sagen. Für die praktische Anwendung bedeutet das, das zuerst der Switch auf "slow" geschaltet und das Speed Poti auf "0" eingestellt, mit ca. 0,5 Sekunden die langsamste Wellenbewegung erzeugt. Das könnte für meinen Geschmack noch langsamer sein. Ok, ist halt so designed.
Schaltet man den Switch auf "fast", macht es einen deutlichen Sprung und man bewegt sich schon in mittelschwerem Seegang. Mit dem Speed Poti voll aufgedreht geht das dann bis in hohes "Moped Knattern" bei Tempo 25, was auch an der hektisch blinkenden LED festzustellen ist. Das hat dann schon leichte Vibrato Ähnlichkeiten, bleibt aber immer angenehm im Ton und ist immer als Tremolo wahrzunehmen.
Ein großartiges Feature des Heart Throb ist seine dem Tempo angepasste pulsierende LED, die ich als Fender Amp Jewel Light LED in meinem Projekt umgesetzt habe. Beim Einschalten des Pedals ist somit gleich die Geschwindigkeit des Effekts optisch zu erkennen, ähnlich wie es moderne Delays auch machen. Sehr erfreulich ist der extrem niedrige Nebengeräuschepegel. Manche Tremolos pumpen im Leerlauf so laut vor sich hin, das es wenig spaßig ist, so ein Pedal auf seinem Board zu haben.
Insgesamt ist der Effekt des Heart Throb Tremolo eher als dezent und unaufdringlich einzustufen hat seinen vintage orientieren Ton als Charakter manifestiert, der für mich keiner weiterer Modifikationen bedarf. Ich mag es, wenn Effektpedale ihre eigene Identität haben und diese auch auspielen dürfen.
ProCo Rat und Tubescreamer sind auch solche Kandidaten, über deren Qualitäten und Ton man diskutieren kann, die in gemoddedeten Versionen bis zum Abwinken erhältlich sind und trotzdem bleiben die Original Layouts bestehen und funktionieren wie sie ursprünglich konzipiert wurden.
Bleibt noch eins:
Was macht man eigentlich mit einem Tremolo Effekt und wie setzt man es ein?
Bekannt wurde der Effekt im Country, Surf Rock und Rockabilly der 50er Jahre und hat sich bis heute einen festen Platz in der Musikgeschichte bewahrt. Dieser pulsierende Effekt kann als "freie" Modulation oder auch synchronisiert auf den Beat abgestimmte Rhythmik angewandt werden. Es kann von schwebenden luftigen Charakter, extrem eingestellt einen Staccato-artigen Synth Box Beat erzeugen. Das macht das Tremolo selbst für härtere Genres wie Punk und Electronic Genres interessant.Moderne Tremolos können Midi gesteuert in Stereo wahre raumfüllende Feuerwerk Pan Effekt Sounds abfeuern. Ich bevorzuge die klassische Vintage Welle, wenn sie ruhig plätschernd an den Sandstrand schwappt.
Hier ein paar Beispiele, wie der Tremolo Effekt in Songs eingesetzt ist.
The Doors: Riders On The Storm
Creedence Clearwater Revival: Born On The Bayou
The Smiths: How Soon Is Now
Green Day: Boulevard Of Broken Dreams
DESIGN
Wer mich kennt weiß, dass ich mich nicht mit Standard Gehäuse-Designs zufrieden gebe und habe mich auch hier für ein Vintage-Kleid im Fender Tweed Outfit entschieden. Klar mag das übertrieben wirken, ich wühle mich halt gerne in die Materie ein und versuche den Sound auch optisch einzufangen.Ein Alugehäuse mit Polyester Tweed zu bekleben ist zum einen eine Herausforderung, zum anderen nicht gerade spaßig, wenn die Fingerkuppen tagelang mit Sekundenkleber verklebt, mein Smartphone nicht mehr aktiviert!
Ist die Tortour überstanden, erfreut ein schickes Gehäuse das Auge und die Seele, wenn die DIY Platine funktionstüchtig ihren Arbeitsraum einnimmt. Ich bin momentan auf dem Aluminium Faceplate Tripp, die handgeschitten mit Custom Grafik Decal die Poti-Belegung beschreibt.
So, jetzt wünsche ich viel Erfolg bei der Suche nach dem richtigen Tremolo....
